Wie so oft in dieser Jahreszeit tut sich beim Graswachstum die Schere zwischen Gunstlagen und trockenen Standorten auf. Generell ist ein Rückgang des Graswachstums zu beobachten, weil die Tagestemperaturen seit Tagen über dem Optimalbereich von 15 bis 25 °C liegen. Wo es in den letzten Wochen ergiebige Gewitterereignisse gab, ist die Wasserversorgung im Grasland derzeit noch gewährleistet. Standortfaktoren wie Exposition und Wasserspeichervermögen der Böden und bewirtschaftungsbedingte Einflüsse dominieren dort derzeit das Wachstumsgeschehen. Gestresste Pflanzen reduzieren ihr Wachstum, rollen die Blätter ein oder sterben im Extremfall bei zu viel Stress ab.
Gestresste Wiesen schonen
Sobald Naturwiesen von Hitze und Trockenheit geplagt werden, ist eine umsichtige Bewirtschaftung angezeigt. Übernutzung kann in dieser Situation besonders negative Folgen nach sich ziehen:
- Boden ohne schattenspendende Vegetationsdecke heizt sich stärker auf (50 bis 60 °C an der Oberfläche).
- Der heisse Boden begünstigt die Keimung und die Etablierung von unerwünschten Hirsearten (C4-Pflanzen).
- Gute Futtergräser nehmen Schaden, die Grasnarbe wird lückiger.
- Lückenfüller wie Hirtentäschelkraut, Gemeines Rispengras oder Löwenzahn nehmen zu.
- Feldmaikäfer legen ihre Eier bevorzugt an lückigen und gräserarmen Stellen ab.
- Engerlinge und andere Einflüsse verschlechtern den Wiesenzustand weiter.
Diese Abwärtsspirale kann mit gezielten Gegenmassnahmen durchbrochen beziehungsweise verhindert werden:
- Schnittnutzung vor dem Trockenstress oder kurz vor dessen Ende, damit der gute Nachwuchs nach dem Schneiden sichergestellt ist.
- Keine vorzeitige Nutzung: Weidegang ab dem 3-Blatt-Stadium der Leitgräser oder ab ca. 15 cm Wuchshöhe, Schnitt ab Stadium 2 bzw. je nach Lage 4 bis 6 Wochen. (AGFF-Merkblatt 3)
- Wenn eine Schnittnutzung angezeigt ist, auf eine hohe Schnitthöhe (>8 cm) achten.
- Grasnarbe nicht mit schweren Überfahrten oder Güllegaben bei heissen Bedingungen schädigen.
Nicht jeder Wiesentyp reagiert gleich empfindlich auf Störungen. Wiesenfuchsschwanz-Wiesen und Englisch-Raigras-Wiesenrispengras-Mähweiden gelten als besonders robust. Knaulgraswiesen und Italienisch-Raigras-Wiesen mit den horstbildenden Gräsern können hingegen rascher degradieren, wenn Nutzung und Düngung nicht den jeweiligen Standortbedingungen angepasst erfolgen.
Intensität reduzieren
Nachdem Anfang Mai der erste Schnitt vielerorts bereits konserviert wurde, konnte verbreitet eine weitere Nutzung vor der anhaltenden Hitzephase vorgenommen werden. Während einer Trockenphase sollte nicht am gewohnten Nutzungsintervall festgehalten werden. Von Trockenheit betroffene Vollweidebetriebe tun gut daran, die Weidefläche jetzt zu vergrössern und die Rotationsdauer zu verlängern, sodass die angestrebte Eintriebshöhe eingehalten werden kann. Notfalls soll im Stall zugefüttert werden. Sobald das Wasserdefizit in den Böden wieder aufgefüllt wird und die Temperaturen nicht zu hoch sind, ist eine rasche Erholung des Graswachstums zu erwarten – weitere Konservierungsschnitte sollten dann möglich werden.